Zusammenfassung Projektbeschreibung

 

Virtualisierung im Bildungsbereich

 

Ein Projekt der Hochschulbildung - und darüber hinaus :-)

 

Die Pädagogischen Hochschulen Baden-Württembergs entwickeln in einem Verbund didaktische Konzepte für (teil-)virtualisierte Seminarangebote. Die Weiterentwicklung des Studiums selbst - als eine hochschuldidaktische Aufgabe - wird in Folge angestrebt. Mit der Entwicklung verschiedener Typen computerunterstützter Lehrveranstaltungen wird eine weitergehende Freiheit von Ort und Zeit beim Lernen ermöglicht. Für die Konzeptualisierung und didaktische Fundierung dieses Prozesses, sehen sich die Pädagogischen Hochschulen in besonderer Weise qualifiziert. 

Zielgruppe des Projekts sind in erster Linie Lehrende an den Hochschulen. Eine Weiterentwicklung des Studiums selbst - als eine hochschuldidaktische Aufgabe - wird in Folge angestrebt. Eine zweite Zielgruppe sind die Studierenden in Lehrveranstaltungen, die durch virtuelle Techniken ergänzt werden. Wir halten es für notwendig, Studierenden dieses Lernerlebnis zu ermöglichen, damit sie später als Lehrende diese Techniken iken produktiv nutzen können. Das Konzept weiterführend, werden in einigen Projekten auch Lehrer und Schüler an den Schulen als Zielgruppe angesprochen. Ergänzende Untersuchungen zur Akzeptanz der entwickelten virtuellen Lehreinheiten sichern ihre weitere Anwendung durch Lehrende und damit ihre Übertragbarkeit. 

Bei den entwickelten medialen Lehreinheiten interessiert nicht nur ihre konkrete, einmalige Brauchbarkeit und technische Passung, sondern weiterreichend auch ihre Übertragbarkeit und Nachhaltigkeit.  Die systematisierten Konzepte können sich infolge der Projektaktivitäten als grundlegend, ausgereift und anerkannt etablieren; sie bieten generalisierte Muster und Modelle für verwandte Unterrichtsthemen. Deshalb liegt es im Projektinteresse, Wege und Techniken zu testen, mit denen das erfolgreiche didaktische Vorgehen kommunizierbar wird. Im Kontext des Projekts werden Medienkompetenzen in Form einer möglichen Medienkritik gefördert, die sich auf die pädagogische Legitimation der Konzepte beziehen, aber auch Chancen und Probleme in soziologischer, ökonomischer und bildungspolitischer Hinsicht einschließen. 

Alle acht Teilprojekte von VIB sind fachlich definiert und gehen bei der Konzeptentwicklung von vorhandenen hochschuldidaktischen Lehr-Lern-Strukturen aus. Je nach Veranstaltungsform, Ansiedlung in Studienordnungen und fachlichen Erfordernissen werden verschiedene virtuelle Elemente eingebunden, so dass neue, integrative Konzepte für die Hochschullehre entstanden sind. Die so konzipierten Lehrveranstaltungen sind immer teilvirtuell, d.h. IKT-Techniken werden für besonders geeignete Anteile der Veranstaltungen genutzt; diese Nutzung wird fach-, medien- und hochschuldidaktisch reflektiert. Die Analyse der verschiedenen Modelle, der Erfahrungen damit und der Vergleich zwischen verschiedenen Teilprojekten durch den Konzeptionsbereich ergaben im wesentlichen zwei charakteristische Nutzungen virtueller Techniken, und zwar fürWissens- und Kompetenzerwerb in fachlich definierten Teilgebieten (Studienumgebungen) und Kommunikatives Lernen in Seminaren (Seminarkonzepte). Die Teilprojekte legen jeweils Schwerpunkte in den einen der beiden Bereiche, entwickeln dafür Lehr-Lern-Konzepte und erproben diese in Lehrveranstaltungen.

Dabei hat sich ergeben, dass Wissens- und Kompetenzerwerb mit virtuellen Techniken besonders im Grundstudium, kommunikatives Lernen vor allem im Hauptstudium als erfolgreich eingeschätzt wird. Studierende im Grundstudium müssen Wissen erwerben und dieses anwenden. Gut gestaltete Hypertexte, die Nutzung des WWW zur Recherche, die Darstellung von Stoff durch multimediale Techniken, Interaktionen mit didaktisch gestalteter Software usw. sind in diesem Bereich besonders hilfreich. Studienumgebungen können eng auf eine Lehrveranstaltung bezogen sein, sie können aber auch autonom und so modularisiert sein, dass Teile davon im Selbststudium genutzt und in andere Lehrveranstaltungen übertragen werden können. Seminarkonzepte rücken die Kommunikation mit Lehrenden, anderen Lernenden und weiteren Ansprechpartnern, die Kooperation bei der Lösung von Aufgaben und Problemen und die Kollaboration bei handlungs- und produktionsorientiertem Arbeiten in den Vordergrund. Die Präsenzphasen eines Seminars werden von einem Kommunikationsprozess begleitet, der zeit- bzw. ortsunabhängig ablaufen kann. So konzipierte Seminare können auch auf verschiedene Hochschulstandorte verteilt sein und leicht auf andere Sachgebiete und Lehrpersonen übertragen werden.

 

Seminarkonzepte für kommunikatives Lernen

Steht bei Lehr-Lern-Arrangements von Studienumgebungen die selbstständige Arbeit der Studierenden und nicht der Dialog im Vordergrund, so bietet sich an, gewisse Teile der Kommunikation und Kooperation von Studierenden und Lehrenden, Studierenden und Studierenden und weiteren Personen mit Hilfe von Internetdiensten und Gruppenarbeitssoftware zu virtualisieren. Präsenzkommunikation und virtuelle Kommunikation ergänzen sich zu teilvirtualisierten Seminarkonzepten. In der Regel wird in solchen Seminaren das WWW eine wesentliche Rolle spielen:

  • Informationen zur Organisation und zu den Inhalten des Seminars können in einer Web-Site zusammengefasst sein,
  • das WWW kann zur Recherche, zur Informationsgewinnung und zur Materialbeschaffung dienen,
  • die Gestaltung und Präsentation von Hypertexten kann handlungsorientierte Methode oder Ziel des Seminars sein.

Charakteristika teilvirtualisierter Seminare gegenüber herkömmlichen Seminaren finden sich in den Bereichen Kommunikation und Kooperation/Kollaboration. Die Möglichkeit, sich sowohl face-to-face in Präsenzsitzungen als auch medial in begleitender Arbeit zwischen den Sitzungen ständig auszutauschen, steigert die Quantität und verändert die Qualität der Kommunikation. Als positiv wird Unabhängigkeit der Kommunikation von Ort und Zeit beurteilt, die es Lehrenden und Lernenden ermöglicht, ihre Arbeitsprozesse individueller zu gestalten. Die Steigerung der Quantität und Qualität von Seminarkommunikation führt zu einer höheren zeitlichen Belastung für Lehrende und Lernende. Dies muss daher bei der zeitlichen Planung solcher Veranstaltungen berücksichtigt werden.

Die veränderte Qualität der Kommunikation (sei es über E-Mail, Newsgroups, Diskussionsforen oder Chat) kann didaktisch gezielt genutzt werden. Zwischen den Extremen der spontanen, expositorischen Rede und dem unstrukturierten Dialog einerseits, dem ausgearbeiteten Text andererseits entsteht eine große Bandbreite von Textsorten mit unterschiedlicher "Verbindlichkeit", die verschiedenen Stufen des Reflexionstands über das Sachgebiet und verschiedenen Befindlichkeiten der Teilnehmenden (subjektiv-emotional vs. intersubjektiv-rational) entspricht.Da sich computerbasierte Kommunikation leicht speichern lässt, kann sie selbst zum Seminarinhalt und zum Gegenstand der Reflexion werden. Dadurch rücken neben dem Aspekt des individuellen Wissenserwerbs die verschiedenen Interaktions- und Kommunikationsformen in der Lerngruppe und die Beziehungen zwischen der Qualität der Kommunikation und dem Erkenntnisgewinn in den Vordergrund.

Das Ziel ist, die Fähigkeit zu kooperierendem und reflexivem Lernen so zu fördern, dass es jeweils neu auf veränderte Handlungskontexte und Wissensgebiete anwendbar bleibt. Für Lehrende erleichtert die Speicherung der Kommunikation die selbstkritische Evaluation der Veranstaltungen und die Beurteilung der Leistungen der Studierenden. Computerbasierte Medien erleichtern also die Kooperation innerhalb des Seminars und machen gleichzeitig die ablaufenden Arbeits- und Lernprozesse für Lehrende und Lernende transparent. Lehrende können den Lernweg der Lernenden nachvollziehen. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, ihre Seminare teilnehmerorientierter zu gestalten und den Lernenden mehr Eigenverantwortung für den Lernweg zu geben. Dies erfordert von den Lehrenden eine erhöhte Planungsflexibilität, kann insgesamt jedoch zur Weiterentwicklung und zur Qualitätssteigerung von Seminarkonzepten führen. Teilvirtualisierte Seminare bieten die Chance, dass sich Studierende neben dem Sachwissen Vermittlungs- und mediale Innovationskompetenzen erwerben, die für Lehramtsstudierende in der sich bildenden Wissensgesellschaft notwendig sind. Alle Seminare dieser Art leiden derzeit darunter, dass ein erheblicher Anteil der Arbeitszeit der Einführung in die Techniken virtueller Kommunikation gewidmet werden muss. Dies wird solange notwendig sein bis entsprechende technische Einführungen von der Hochschule für das Grundstudium verpflichtend besucht werden oder das entsprechende Wissen von den Studierenden bereits mitgebracht wird.



Studienumgebungen für Wissens- und Kompetenzerwerb

Sofern bei Lehr-Lern-Konzepten der Erwerb von Wissen und Kompetenzen in einem fachlich definierten Gebiet im Vordergrund steht, bietet sich an, geeignete Elemente und Lernformen als Hypertext didaktisch zu strukturieren und im Netz zu realisieren. Eine solche Studienumgebung kann zwei polare Ausprägungen haben: Zum einen kann sie sehr stark auf eine Lehrveranstaltung bezogen sein, indem sie Elemente der Kursorganisation mit einbezieht:

  • Zugänglichmachen von Texten,
  • Organisieren von Aufgaben und Übungen bis hin zu online-Tests,
  • webgestützte Kommunikation der Lehrenden und Lernenden.

Die Struktur der Studienumgebung ist also eher von den hochschuldidaktischen Vorstellungen seiner Entwickler geprägt als von der individuellen Lernstruktur einzelner Nutzer. Die Arbeit der Studierenden am webbasierten Material verbindet jeweils die virtuellen mit den Präsenzanteilen zu Lehr-Lern-Konzepten. Eine Übernahme des Materials durch andere Lehrende wird eher die Konzeption der teilvirtualisierten Lehrveranstaltung betreffen. Zum anderen kann eine Studienumgebung sehr stark modular aufgebaut sein, so dass ihre Elemente in verschiedenen Veranstaltungen genutzt werden können. Eine solche Studienumgebung spiegelt in ihrer Struktur eher die fachliche Systematik wider, die dann von Studierenden sachlogisch durch Glossare u.ä. erschlossen werden kann.

Die Vernetztheit des Wissens wird für die Lernenden in einer Hypertextstruktur repräsentiert. Die Elemente können von ganz verschiedener Art sein; sie werden in jeweils geeigneten multimedialen Darstellungsformen realisiert:

  • neben reinen Texten
  • audiovisuelle Demonstrationen und Simulationen,
  • Techniken des computerunterstützten Unterrichts zur Wissensvermittlung und für Übungs- und Testphasen etc.

Insgesamt kann man sagen, dass die Art des "Wissens", die jeweils eingenommene zielsetzenden Perspektive auf den Gegenstand und die Strukturen und Gestaltungs-möglichkeiten des "Settings" für die Entwicklung entscheidend sind.

Die Charakterisierung dieser beiden Typen von Studienumgebungen bedeutet nicht, dass diese in "Reinkultur" auftreten. In der Realität enthalten beide auch Elemente des jeweils anderen Typs. Darüberhinaus treten in jedem Fall auch Elemente der Kommunikation auf, wie sie in den Seminarkonzepten realisiert werden. In diesen Studienumgebungen sind Verweise auf einschlägige Internet-Sites selbstverständlich. Sie gewährleisten die Verknüpfung des Lehrstoffs mit aktuellen Informationen. Die Nutzung der Studienumgebungen durch Studierende kann in unterschiedlicher Weise erfolgen:

  • im engen Zusammenhang mit einer teilvirtualisierten Lehrveranstaltung,
  • zur individuellen Vorbereitung von Präsenzveranstaltungen,
  • zu "individueller" Arbeit in von Tutoren betreuter Gruppenarbeit im Computerraum
  • zum Ausgleich von Fehlzeiten bei Veranstaltungen,
  • zur Nachbereitung der Veranstaltung und zur Prüfungsvorbereitung,
  • zur Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden (bei medienspezifisch "niedriger Schwellenangst").

Bisherige Erfahrungen aus dem Projekt besagen, dass die Arbeit an den Studienumgebungen umfangreicher und komplexer war, als man zur Zeit der Beantragung vorausgesehen hat. Die "Computerisierung" eines Wissensgebiets erfordert, dass dieses unter dem Blickwinkel des Mediums neu strukturiert werden muss. Bei medialen Repräsentationen wird ein Detaillierungsgrad erwartet, der erhebliche zusätzliche Arbeit auf dem Fachgebiet und seiner Didaktik erfordert. Die fachliche und mediendidaktische Ausgestaltung der Studienumgebungen ist daher zusammen mit der notwendigen Erprobung und Verbreitung des Einsatzes durch andere Lehrende eine der Hauptaufgaben für die Verlängerungsphase von VIB. Eng damit verbunden ist auch die Aufgabe, die Unabhängigkeit von Studienumgebungen zu fördern, allerdings ohne dabei den Kontakt zum konkreten Studium zu verlieren.

 

 

 

 
   

VIB wurde finanziert durch das Landesprogramm Virtuelle Hochschule
des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
des Landes Baden-Württemberg.  

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Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst
 

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